BEM Einladungsschreiben: Worauf muss der Arbeitgeber hinweisen?

Neulich wurde ich in einem meiner Seminare gefragt, ob der Arbeitgeber im Einladungsschreiben zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) darauf hinweisen muss, dass dem BEM Berechtigten durch eine Ablehnung des BEM Nachteile im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung im Kündigungsschutzprozess entstehen könnten.

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist für den Mitarbeitenden freiwillig. Eine Ablehnung zum BEM ist weder eine Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung, noch führt sie automatisch zu einer Kündigung. Eine Ablehnung zum BEM ist vielmehr „kündigungsneutral“ (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – Az.: 2 AZR 170/10).

Durch den Satz: Eine Ablehnung zum BEM hat zur Folge, dass Sie sich im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung nicht auf ein fehlendes BEM Berufen können.“ könnte jedoch für die Mitarbeitenden der Eindruck entstehen, dass nach der Ablehnung zum BEM automatisch die Kündigung folgt. Damit würde die „Freiwilligkeit“ des BEM (eine der wichtigsten Voraussetzungen) ab absurdum geführt.

Denn erst wenn die Befürchtung besteht, dass auch in Zukunft mit unzumutbar hohen Arbeitsunfähigkeitszeiten zu rechnen ist (negative Gesundheitsprognose) und dadurch erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen vorliegen, wird in der letzten Stufe (Interessensabwägung) gefragt:

War die Kündigung tatsächlich das letzte zur Verfügung stehende Mittel, um die betrieblichen Störungen durch die hohen Arbeitsunfähigkeitszeiten zu beseitigen? Gab es nicht mildere Mittel, wie eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder einen Einsatz auf einen anderen Arbeitsplatz, um die künftigen Arbeitsunfähigkeitszeiten zu reduzieren? Haben die Parteien nach milderen Mitteln und Möglichkeiten überhaupt gesucht? Und alle Stellen, Ämter und Personen, die das Gesetz vorsieht, muteinbezogen? Wurde also ein ordnungsgemäßes BEM durchgeführt?

Falls der Mitarbeitende jedoch tatsächlich die Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung erfüllt (insbesondere negative Gesundheitsprognose und betriebliche Beeinträchtigungen), kann er sich in einem Kündigungsschutzprozess bei einer Ablehnung zum BEM nicht mehr darauf berufen, dass kein BEM durchgeführt wurde oder dem Arbeitgeber vorhalten, dass dieser nicht nach milderen Mitteln gesucht hat. Denn bei einer Ablehnung muss der Arbeitgeber diesen Suchprozess auch nicht durchführen.

Als Voraussetzung für die Entscheidung, ob ein BEM angenommen werden soll, oder nicht, müssen die BEM-Berechtigten umfassend wissen, worum es beim BEM mit allen Konsequenzen geht.

So entschied das BAG am 24.03.2011 (Az.: 2 AZR 170/10): „Hat der Arbeitgeber ein BEM wegen der fehlenden Einwilligung des Arbeitnehmers nicht durchgeführt, kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber den Betroffenen zuvor auf die Ziele des BEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hingewiesen hat.“ Ferner ist der Hinweis auf die Beteiligung des Betriebsrats und der sonstigen Stellen aufzunehmen, LAG Nürnberg, Urteil vom 28.01.2015, bzw. bei Beteiligung auch der Hinweis, dass von der Beteiligung des Betriebsrats und der sonstigen Stellen abgesehen werden kann, BAG Beschluss vom 22.03.2016. Zudem ist aufzunehmen, dass sofern Leistungen zur Teilhabe oder begleitenden Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen, auch die Rehabilitationsträger bzw. Integrationsämter hinzugezogen werden, LAG Hessen, Urteil vom 13.08.2018 – 16 Sa 1566/17.

Daher spricht viel dafür, dass die BEM Berechtigten auch über die Folgen einer Ablehnung zum BEM hingewiesen werden müssten. Dieser Meinung war auch das Arbeitsgericht Hamm in einem Urteil vom 15.05.2018, AZ: 5 Ca 2109/17. Hier stand jedoch der Mitarbeiter direkt vor einer krankheitsbedingten Kündigung.

In Anbetracht dessen, dass jedoch die wenigsten BEM Berechtigten direkt vor einer krankheitsbedingten Kündigung stehen und die Freiwilligkeit im BEM nicht ab absurdum geführt werden soll, gleichzeitig aber alle Mitarbeitenden umfassend aufzuklären sind, würde ich diesen Hinweis entweder erst im Erinnerungsschreiben oder auf dem Rückantwortschreiben als Fußnote unter „NEIN, ich möchte kein BEM“ aufnehmen, jedoch nicht direkt im Erstanschreiben.

Eine gute Formulierung finden Sie im Übrigen in der Broschüre „Schritt für Schritt zurück in den Job des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, BMAS, auf Seite 16, Frage 8.